1. Home
  2. Verein
  3. Projekte
  4. Lengyel-Siedlung bei Teesdorf

Lengyel-Siedlung bei Teesdorf

Liebe ArchaeoPublica Interessierte,

aufgrund unvorhergesehener Entwicklungen muss das Projekt Teesdorf leider mit schwerem Herzen für dieses Jahr abgesagt werden. 

Sollten sich positive Neuigkeiten ergeben, werden wir es unverzüglich verkünden. 

ArchaeoPublica plant ein archäologisches Projekt mit Bürgerbeteiligungsmöglichkeiten im Großraum Wien und bietet interessierten Personen die Möglichkeit an den Forschungen teilzunehmen.

Erforscht werden soll die aus Luftbildern bekannte, vermutlich neolithische Siedlung bei Teesdorf im Bezirk Baden. Zu diesem Zweck sollen unter fachlicher Anleitung eine geophysikalische Prospektion, die Ausgrabung der Spuren eines neolithischen Hauses sowie systematische Oberflächen-Surveys durchgeführt werden.

Geophysikalische Prospektion

Der erste Schritt des Projektes zur Erforschung der vermutlich lengyelzeitlichen Siedlung in Teesdorf, Bezirk Baden, hat, dank der freundlichen Unterstützung der beteiligten Landwirte, am 9. Juli 2019 mit einer geophysikalischen Prospektion bei optimalem Wetter, direkt nach der Ernte der Feldfrüchte begonnen.

Wr. Neustädter Str. 75, A-2524 Teesdorf
www.heurigenweingut.at

Hauptstrasse 5, A-2524 Teesdorf
www.fruehwirth.info

Den teilnehmenden Interessierten wurde diese moderne, zerstörungsfreie Methode, zur Erkundung der im Boden verborgenen Strukturen, sowie deren Technik und Funktionsweise ausführlich erklärt und sie hatten die Möglichkeit, die Arbeiten vor Ort zu beobachten und die aufkommenden Fragen durch Experten von Archeo Prospections, einem Team der ZAMG (Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik) beantwortet zu bekommen.

Durch die motorisierten Messgeräte (Bodenradar und Geomagnetik) war es möglich, die vorgesehene Fläche von ca. 4,1 ha. an diesem Tag zu erkunden. Es war ein erfolgreicher, wunderbarer erster Prospektionstag, der unseren Gästen sehr gefallen hat. Die dadurch gewonnenen Daten werden nun von Spezialisten prozessiert und in weiterer Folge interpretiert.

Die Lengyel-Siedlung

Interpretation der sichtbaren Hausgrundrisse (rot),
Hintergrund: Luftbild von google earth

Geophysikalische Prospektionen erwiesen sich in den letzten Jahrzehnten als äußerst wirksame Erkundungsmethoden der Archäologie, da sie feinste Unterschiede im Boden zerstörungsfrei aufspüren können. Hierzu wurden in Österreich vor allem zwei unterschiedliche, sich jedoch ergänzende Methoden eingesetzt – die Geomagnetik und das Bodenradar.

Die magnetische Prospektion ist in der Lage archäologische Strukturen wie Eisen, Gruben, Gräben, Pfostenlöcher und Feuerstellen durch den Kontrast ihrer veränderten Magnetisierung zum umgebenden Boden aufzuspüren und darzustellen.

Das Bodenradar besitzt die Fähigkeit eine elektromagnetische Welle in den Boden zu schicken, welche an unterschiedlichen Oberflächen von Strukturen im Untergrund reflektiert wird. Aufgrund der veränderten Reflexionswerte sowie der benötigten Dauer des widerkehrenden Signals können Rückschlüsse auf Konsistenz und Tiefe der archäologischen Objekte gezogen werden. Es ist besonders gut dazu geeignet Mauern, Steine, Schüttungen, Straßen und Hohlräume anzuzeigen sowie zusätzlich deren Tiefe unter der Erdoberfläche abzuschätzen.

Nach dem Abernten der Felder hat zu Beginn des Projektes Archeo Prospections, ein Team der ZAMG (Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik) motorisierte Magnetiksysteme sowie Bodenradar, zur Erkundung der im Boden verborgenen Strukturen, im Feld eingesetzt und die Funktionsweisen erklärt.

Weiters wird ein systematischer Survey durchgeführt werden, dessen Schwerpunkt in der Aufsammlung und Kartierung von aussagekräftigen Oberflächenfunden liegt. Dabei wird unter fachlicher Anleitung in geordneten Reihen oder Planquadraten das ausgewählte Feld abgegangen und etwaige Funde verortet und vermessen, um räumliche und zeitliche Analysen anstellen zu können und eventuell einen Überblick über die Besiedlungsgeschichte zu erhalten. Idealerweise ist die Oberfläche hierfür geeggt und mögliche, begehrte Funde durch vorherigen Regen von Staub und Erde befreit.

Endgültige Hinweise zur Datierung der Fundstelle sowie der Beschaffenheit eines Hauses erhoffen wir durch eine archäologische Grabung zu erhalten. Da archäologische Grabungen zerstörerische Tätigkeiten sind, muss neben einer sorgfältigen Grabungstechnik auf die genaue Dokumentation besonders großer Wert gelegt werden. Um ein gutes zeitliches Verständnis der archäologischen Hinterlassenschaften zu erhalten, möchten wir eine stratigraphische Grabung durchführen, wobei die Strukturen in der umgekehrten Reihenfolge ihres Entstehens ergraben werden. Die Dokumentation erfolgt nicht nur durch eine genaue textliche Beschreibung der einzelnen Befunde in standardisierten Formularen und durch maßstabsgetreu gezeichnete, georeferenzierte Pläne und Fotografien, sondern auch durch modernste photogrammetrische Digitalisierung der einzelnen Oberflächen – Imaged Based Modelling.

Dadurch ergibt sich für interessierte Personen die einzigartige Gelegenheit mit der Hilfestellung von fachlich ausgebildeten Archäologen bei sämtlichen Tätigkeiten einer professionellen Grabung teilzunehmen und wertvolle Erfahrungen zu gewinnen.

Das Neolithikum (Jungsteinzeit) in Österreich wird in mehrere Phasen unterteilt, wobei eine der bedeutendsten Kulturen nach einem Fundort in Ungarn, südöstlich des Plattensees, Lengyel-Kultur genannt wird. In Österreich auch als Mährisch Bemaltkeramische Kultur (MBK) bekannt, erstreckt sich ihre Ausdehnung von Tschechien, der Slowakei, über Ostösterreich und Ungarn bis nach Kroatien, Polen und Bayern. Zeitlich lässt sich die Lengyel-Kultur zwischen ca. 5000 bis spätestens ca. 3500 v.Chr. einordnen und wird wiederum in verschiedene Phasen unterteilt. Charakteristisch für die Lengyel-Zeit sind ihre lang-rechteckigen Hausformen, welche mit Ausmaßen von ungefähr 8 mal 30 Metern eine enorme Größe aufweisen. In Holzbauweise errichtet, mit 2 oder 3 Innenräumen und oft mit den typischen Vorbauten (Anten) ausgestattet, können sie in verschiedener Bebauungsdichte, in einer Größenordnung von Einzelgehöften bis hin zu großen Ansiedlungen, teilweise von einem Graben umgeben, auftreten.

Interpretation eines vermutlichen Lengyel-Hauses (rot),
Hintergrund: Luftbild von google earth

Wie in den Luftbildern gut zu erkennen ist, zeigen sich solche typischen Hausgrundrisse auf dem Gemeindegebiet von Teesdorf, wodurch eine lengyel-zeitliche Datierung der Fundstelle als wahrscheinlich erscheint, in der die einstige Bevölkerung als frühe Bauern Land- und Viehwirtschaft, vor allem durch das Halten und Züchten von Rindern, Schweinen und auch Schafen, betrieben.

Zusätzlich zu den äußerst spannenden, archäologischen Strukturen ist möglicherweise mit Funden wie kunstvoll bemalten Keramikfragmenten sowie Werkzeugen, Schmuck und Objekten aus Stein, Knochen, Geweih oder Muscheln, Hütten- und Brandlehm, und eventuell sogar Webgewichten oder Figurinen zu rechnen.