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Das römische Heiligtum auf dem Frauenberg bei Flavia Solva

Erstellt von Fabian Benedict am 13. Jul. 2021

Beschreibung

Zwischen Mai und Oktober 2015 wurde ein weiterer Teil des römischen Heiligtums auf dem Frauenberg bei Flavia Solva untersucht. In der bereits 18. Sondage zeigte sich direkt unter der Humusschicht eine rezente Steinlage aus Kalkstein und Rollsteinen, die auf einer sandigen humosen Planierung durchsetzt mit Bruchsteinen, Kieseln, Schuttmaterial und rezenter Keramik lagen. Darin enthaltene Griffel, zum Schreiben auf Wachstafeln, und Nägeln aus Graphit, zeugen noch von der neuzeitlichen Schule, die sich auf dem Grundstück befand. In einer westlich gelegenen sandigen Planierungsschicht, die Kiesel, Kalksteinbruch, Holzkohle und Ziegelsplitt enthielt, fand sich ein steinernes Bruchstück eines Akanthusblattes, das von einem Kapitell, dem oberen Abschluss einer Säule, stammen dürfte. Unter einer westlich gelegenen Planierung zeigte sich eine Steinlage aus Marmorfragmenten und Sandsteinen, die von dunkelbrauner Erde mit Holzkohle umgeben war. Gleich im Anschluss befand sich ein kompakter Mörtelfleck. Da es sich dabei um römerzeitliche Strukturen handelte, wurden diese vorerst nicht weiter untersucht, sondern die über die gesamte restliche Grabungsfläche liegenden Planierungsschichten entfernt. Diese enthielten wiederum Kalkbruchsteine, rötliche Sandsteine, brüchiger Marmor und vor allem im Süden Holzkohlestücke. Darin befanden sich eine Perle, eine römische Münze, ein Stück bearbeiteter Marmor und ein Bronzeblech, vermutlich eines Soldatengürtels. Das Marmorstück ist ein Gesims und entspricht der Architektur des sogenannten Tempels II aus der claudischen Zeit (ca. 30 bis 70 n. Chr.). Die darunter liegenden Schichten wurden an der Oberseite dokumentiert, konnten aus Zeitgründen aber nicht mehr untersucht werden.

Während der diesjährigen Grabung wurde auch das Umfeld von Strukturen in den älteren Sondagen 15/17 genauer untersucht. In der Umgebung einer römischen Heizungsanlage konnten bei den Nachuntersuchungen ein Gefäß mit organischen Resten, ein spätantikes grün glasiertes Keramikfragment (3. – 5 Jh. n. Chr.), mehrere kaiserzeitliche Münzen, ein neolithisches Steinbeil und eine Statuette einer stillenden Muttergottheit, als Dea Nutrix bezeichnet, gefunden werden. Für die Untersuchung wurde die Heizungsanlage abgebaut. Die Abdeckung aus geglätteten Platten, sowie die tragenden Spolien bestanden aus Aflenzer Leithakalk und Leithakalkstein. Die Wandung bestand aus Sandsteinplatten. Am westlichen Ende des Heizkanals fand sich eine weitere Statuette einer Stillenden Göttin. Der Ostbereich des Heizkanals war stark gestört. Die Deckplatten fehlten und die stützenden Spolien waren zu einer Steinlage verstürzt. Am Ostende des Kanals wurde eine mit Kalksteinen umgebene Feuerstelle entdeckt. Darin lagen Lehmbrocken, Sandstein, Kalkspatzen, Holzkohlestücke, Asche und ein Bronzering. Von dieser Feuerstelle aus dürfte der Kanal beheizt worden sein. Nach dem vollständigen Abbau der Heizungsanlage zeigte sich eine Grube, die Asche, Holzkohle, verziegelten Lehm, Sandsteinbrocken, Kalksteinbruch und Kiesel enthielt. Ob die Grube mit der darüber liegenden Heizung in Verbindung stand oder einem älteren Heizsystem angehörte konnte durch mangelnde Unterschiede des Erdmaterials nicht festgestellt werden. Allerdings fanden sich in tiefergelegenen Brandschichten der Grube eine Münze und Fragmente einer La-Téne-zeitlichen Tüpfelplatte, die zum Abmessen der richtigen Metallmenge für Münzen verwendet wurde. In der Nordwestecke der Grabungsfläche befand sich eine mit dunkelbrauner Erde verfüllte Grube. Sie enthielt zahlreiche Funde von Statuetten, Architekturteilen und ein größeres Statuenbruchstück. Die Grube wurde als Entsorgungsgrube für nicht mehr benötigte sakrale Gegenstände interpretiert.

Auf dem Frauenberg befand sich vom 1. bis zum 3. Jahrhundert n. Chr. der Tempelbezirk von Flavia Solva, dessen Hinterlassenschaften noch heute zu finden sind. Zu den bedeutendsten Fundstücken der Grabungskampagne 2014 und 2015 zählen insgesamt 9 weitere Statuetten einer stillenden Muttergottheit, ein Kopf einer der Statuetten, ein Weihaltar für den Gott Merkur, zwei Gebälkblöcke, der untere Teil einer Merkur-Statue, Säulenfragmente und einige reliefierte Marmorsteine. Es konnten darüber hinaus zahlreiche Münzen und zwei weitere Tüpfelplattenfragmente, ein Würfel mit Kreisaugen, ein Ring und zahlreiche Glas- und Keramikfragmente gefunden werden.

Quellen

Schrettle, B. und Vrabec, H., 2015. KG Seggauberg, SG Leibnitz. Steiermark. Fundberichte aus Österreich 54, 372-373.

Karte

Koordinaten: 46.77402799386106° 15.523642570462796°
Koordinatensystem WGS84 / EPSG:4326

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Bericht
  • Jahr 2015
  • Maßnahme-Nr. 66172.15.02
Lage
Art der Maßnahme
Zeitstellung
Interpretation