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Jungsteinzeitliche und bronzezeitliche Seeufersiedlungen in Abtsdorf am Attersee

Erstellt von Raimund Karl am 13. Jul. 2019

Beschreibung

Das Kuratorium Pfahlbauten führte 2015 ein Fundstellenmonitoring mehrerer bekannter Pfahlbauten im Attersee durch. Überprüft wurden dabei insbesondere die bereits 2013 eingebrachten Erosionsmarker im Bereich prähistorischer Pfahlbaufundstellen. Genauere Beobachtungen wurden dabei auch bei den Stationen Abtsdorf I und Abtsdorf III vorgenommen.

Abtsdorf I ist eine seit 1963 bekannte jungsteinzeitliche Seeufersiedlung im nordwestlichen Bereich des Attersees. 2015 wurde dort ein Gebiet mit einer Gesamtausdehnung von ca. 180 × 120 m. Die Station befindet sich auf einer in den Attersee ragenden Landzunge in einer Tiefe von 2 m bis 4 m. Im Grund unter Wasser zeigen sich an der östlichen Böschungskante der Untiefe zwei Pfähle, an der westlichen elf Pfähle. Nahe bei den letztgenannten Pfählen liegen auch zahlreiche Keramikfragmente auf dem Seegrund und belegen eine Erosion in diesem Bereich. Die stärkste Erosion verursachen jedoch zahlreiche Segelschiffbojen mit ihren Bojensteinen. Deren Ketten haben tiefe Krater in den Seegrund getrieben, in denen mehrfach Kulturschichten mit Hölzern und zahlreichen Funden beobachtet werden konnten.

Kernproben aus dem Seegrund zeigen, dass die Kulturschicht in der Station Absdorf 1 nur auf einer Strecke von etwa 20 m nachweisen lässt. Im weiteren Umfeld zeigen sich jedoch verlagerte Kulturschichtreste und vor allem Holzkohle. Dieser Bereich stellt entweder das durch menschliches Handeln beeinflusste Umfeld einer relativ kleinen oder aber die stark erodierten Überreste einer deutlich größeren Siedlung dar. Um zwischen diesen beiden Möglichkeiten unterscheiden zu können, müssten allerdings sedimentologische Untersuchungen zum tatsächlichen Seespiegelstand des Attersees in der Bronzezeit durchgeführt werden.

Pollenanalysen aus Bodenproben werfen ein neues Licht auf das Umfeld der Siedlung Abtsdorf I. Nachgewiesene Nutzpflanzen sind Dinkel (Triticum spelta) oder Flachs (Linum usitatissimum), die charakteristisch für die bronzezeitliche Landwirtschaft sind. Ebenfalls festgestellt werden konnte eine auffällige Öffnung der Waldlandschaft, die auf verstärkte Landnutzung hinweist. Radiokarbondatierungen von Holzkohleproben streuen von ca. 1.900 bis 1.500 v.Chr. Die direkt aus der noch vorhandenen Kulturschicht gewonnen Proben ergeben hingegen eine Mittelwert-Datierung von 1.609 und 1.612 v.Chr. Diese Datierung würde in die beginnende Mittelbronzezeit fallen.  Dazu passen auch gut die im Untersuchungsgebiet teilweise am Seegrund aufzufindenden Streufunde, insbesondere einige Randscherben, die aufgrund ihrer Tonzusammensetzung, stark geschweiften Form und Verzierung in das bronzezeitliche Fundspektrum der Attersee-Gruppe (ca. 1.800 bis 1.500 v. Chr.) gehören.

Eine Tauchbegutachtung von auf Luftbildern nahe bei der genannten Station erkennbaren kastenförmigen Strukturen im Flachwasserbereich in der Nähe des Schilfgürtels zeigte, dass sich dort massive, liegende Holzbalken befinden. Dabei handelt es sich vermutlich um die Schwellbalken eines größeren Hauses. Entnommene Holzproben konnten in den Zeitraum von 2.400 bis 2.200 v. Chr. datiert werden. Diese großen Holzstrukturen dürften somit in den bisher kaum erforschten Zeitraum des Übergangs vom Endneolithikum zur frühesten Bronzezeit.

Monitoring wurde 2015 auch in der seit 1979 bekannten neolithischen Seeufersiedlung Abtsdorf III im nordwestlichen Bereich des Attersees durchgeführt. Das Untersuchungsgebiet hatte hier eine Gesamtausdehnung von ca. 180 × 90 m. Die Station befindet sich auf einer leicht abfallenden Strandplatte in einer Wassertiefe von 1,5 m bis 2 m. Die ehemalige Siedlung ist komplett mit Sediment bedeckt, Artefakte, eindeutig prähistorischen Pfähle oder Kulturschichten sind daher hier nicht sichtbar.

Gezogene Kernproben erbrachten keinen Nachweis für eine tatsächlich erhaltene Kulturschicht. Ein Horizont vergleichbar zu den im Umfeld der Station Absdorf I festgestellten zeigt jedoch auch hier das durch menschliches Handeln veränderte Umfeld einer ehemaligen, vermutlich relativ kleinen Seeufersiedlung an. Ein in einem Bohrkern entdecktes Keramikfragment konnte aufgrund der Tonzusammensetzung der jungsteinzeitlichen Mondsee-Kultur (ca. 3.800 bis 3.300 v. Chr.) zugerechnet werden kann. Dies passt gut zu den aus einem bereits 2013 in dieser Station gezogenen Bohrkern gewonnenen Holzkohleproben, die in den Zeitraum zwischen ca. 3.690 und 3.540 v.Chr. datiert werden konnten.

Quellen

Pohl, H. 2015. KG Abtsdorf, OG Attersee am Attersee. Fundberichte aus Österreich 54, 294-6.

Karte

Koordinaten: 47.896042° 13.534061°
Koordinatensystem WGS84 / EPSG:4326