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Von der Bronze- bis in die Neuzeit in St. Andrä im Lavanttal

Erstellt von Tanja Trausmuth am 26. Feb. 2021

Beschreibung

Aufgrund von Abbrucharbeiten im Zuge der geplanten Errichtung von Neubauten wurde in einer Baugrube der Gemeinde St. Andrä im Lavanttal eine massive Mauer aufgedeckt, welche daraufhin in einer archäologischen Grabung im Frühjahr 2015 vom Verein FIALE erforscht wurde. Bei der stratigraphischen Grabung (d.h. Schicht für Schicht in umgekehrter Folge der einstigen Ablagerungen ergraben) stellten sich ein rezentes Betonfundament entlang der westlichen Grundstücksgrenze sowie ein weiteres Betonfundament in der Form eines Viertelkreises, dessen Funktion bislang ungeklärt ist als die jüngsten dokumentierten Befunde dar. Diese stammten vom abgerissenen Bau aus den 1950er-Jahren.

Ein über die Grabungsfläche von Süden nach Norden verlaufendes Fundament wurde von den Archäologen älter als die sich östlich davon befindende Grube datiert, welche aufgrund eines Kupferkreuzers Franz II., in das frühe 19. Jahrhundert datiert wurde, obwohl weiteres Fundmaterial, darunter geschmiedete eiserne Nägel und Keramikfragmente, vom Spätmittelalter (ca. 1250 bis 1500 n. Chr.) bis in die Neuzeit (ca. 1500 n. Chr. bis in die Gegenwart) stammten. Darunter konnte von den Archäologen eine nahezu flächendeckende Planierung dokumentiert werden, welche die jüngste Einheit innerhalb des freigelegten Hausgrundrisses darstellte und aus der Nutzungszeit des Gebäudes stammte. Das daraus geborgene Fundmaterial bestand neben Tierknochen und einer kleinen Jakobsmuschel aus eisernen Nägeln und Pressglas, sowie spätmittelalterlicher (ca. 1250 bis 1500 n. Chr.) bis neuzeitlicher (ca. 1500 n. Chr. bis in die Gegenwart) Keramik, wobei die auffällig große Menge an aufgefundener Schlacke auf eine Eisenverarbeitung im Bereich des Gebäudes hinwies. Des Weiteren konnte festgestellt werden, dass eine Planierung vier Gruben und eine Brandschicht bzw. Feuerstelle überlagerte, welche im Zuge der Nutzung des in den 1950er-Jahren abgebrochenen Hauses zu unterschiedlichen Zeiten entstanden sind und hauptsächlich keramisches Fundmaterial des Spätmittelalters bis zur Neuzeit sowie einen wohl verlagerten, prähistorischen (5600 v. Chr. bis um die Zeitenwende) Spinnwirtel aus Ton enthielten. 

Von großer Bedeutung für die Besiedlungsgeschichte des Stadtgebietes war auch das geringe geborgene Fundmaterial einer entdeckten Kulturschicht mit vermutlich aus der Späten Bronzezeit  bzw. Urnenfelderkultur (ca. 1300 bis 800 v. Chr.) stammendem Keramikmaterial eines Topfes.

Von den Archäologen konnte aufgrund der Befunde auch der Hausgrundriss eines quadratischen Gebäudes mit einer Innenausdehnung von 5 mal 5 Metern rekonstruiert werden, dessen massive Fundamente mit einer Breite von 1,8 Metern auf ein mehrgeschossiges Gebäude und somit einen turmartigen Charakter des Baus hinwiesen. An dieser Stelle sowohl  im Franziszeischen Kataster vermerkt, als auch im Baualterplan von Adalbert Klaar aus dem Jahr 1950 als gotischer (Epoche europäischer Architektur des Hoch- bzw. Spätmittelalters, von ca. 1150 bis 1500 n. Chr.) Bau mit Dachgiebel zur Hauptdurchzugsstraße und zwei Wohngeschoßen beschrieben, befand sich auf der westlichen Hälfte des Grundstücks in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts das Haus St. Andrä Nr. 68, „Torhafner“ genannt, welches vermutlich seit dem Spätmittelalter bestand.

Um den Verlauf der sich im Osten befindenden, mittelalterlichen Stadtmauer zu erkunden, wurde maschinell ein Suchschnitt zwischen dem noch bestehenden Stadtmauereck und den Hausbefunden angelegt, wobei sich nur in geringem Maß rezente Strukturen, jedoch keinerlei Hinweise auf eine massive Mauer, die als Stadtmauer gedient haben könnte, zeigten.

Eine unerwartete Befundsituation ergab sich für die Archäologen direkt an der erhaltenen Stadtmauerecke im Osten des Grundstücks, wo ein moderner Kanal ein ca. 1,2 Meter breites Mauerfundament durchschlug, das im rechten Winkel an das Stadtmauereck ansetzte, und wohl zu einem Gebäude gehörte, das auf einem Kupferstich in Matthäus Merians Topographia Provinciarum Austriacarum von 1649 publiziert und als „Getreideamtskasten“ bezeichnet wurde.

Quellen

Steinegger, A., 2015. KG St. Andrä, SG St. Andrä. Fundberichte aus Österreich 54, 55, 65-66, D1046-D1090.

Karte

Koordinaten: 46.767860° 14.822577°
Koordinatensystem WGS84 / EPSG:4326

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